Wann ist ein Moor ein Moor?

Journalismus oder Public Relations? Wer dieser Tage die "Mitteldeutsche Zeitung" liest, erfährt gelegentlich von einer "Seilbahn in Schierke", um deren Planung es noch Diskussionen gebe. Grüne Spaßbremsen hätten noch letzte „Informationslücken“, die nun ein drittes Gutachten schließen solle. Damit solle geklärt werden, ob der Bau mit EU-Umweltrecht vereinbar ist. Der SPD-Abgeordnete und Gewerkschafter Andreas Steppuhn freut sich: „Es muss jetzt darum gehen, dafür schnellstmöglich die Finanzierung hinzubekommen.“
Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) ist ohnehin dafür, notfalls eben auf einer Alternativtrasse, die weniger durch den "vernässten Wald" führe.
Doch worum geht es eigentlich, fragt sich der schlecht informierte Zeitungsleser? Der öffentlich-rechtliche Rundfunkhörer weiß wieder einmal mehr, denn im Deutschlandfunk lief eine Reportage von Christoph Richter: Lezterer bekam einen Investor vors Mikrofon, der bereits 85 Schneekanonen bestellt hat. 20 Hektar seltener Moorwald sollen am Winterberg bei Schierke gerodet werden, um eine zwei Kilometer lange Ski-Abfahrt nach dem Vorbild des alpinen Ski-Zirkus entstehen zu lassen. Das Projekt heißt „Natürlich. Schierke“, hat aber mit naturnahem Tourismus nicht das Geringste zu tun. 
"In Schierke ist Naturzerstörung in großem Stil geplant", schreibt der Landesverband Sachsen-Anhalt des BUND in einer Pressemitteilung. "Die Verantwortlichen haben noch nicht erkannt, dass eine intakte Natur eine der wichtigsten Attraktionen für Touristen darstellt. Damit wäre nicht nur der Artenreichtum des EU-Vogelschutzgebietes wie des FFH-Gebietes mit empfindlichen Arten wie Schwarzstorch, Sperlingskauz, Raufußkauz, Wanderfalke, Auerhuhn, 13 Fledermausarten, Wildkatze und Luchs in großer Gefahr, auch die mittel- und langfristige Chancen der Region würden so verspielt werden." Durch den Klimawandel würde es in Mittelgebirgslagen immer wärmer und damit wäre das Projekt auch mit flächendeckenden Schneekanonen ökonomisch unsinnig.
Die Harzer Nationalpark-Verwaltung ist auch noch skeptisch. Doch deren ehemaliger Leiter Peter Gaffert ist mittlerweile Oberbürgermeister von Wernigerode und sieht sich als oberster Wirtschaftsförderer. Besagtes drittes Gutachten soll nun klären, ob die 20 Hektar Moor als zusammenhängende schützenswerte Moorflächen zu werten wären oder nur vernässte Wälder und Wiesen seien, die man eigentlich ohnehin trockenlegen müsse - alles ganz "natürlich"?

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